09. Juli 2011 - Wieder alleine

Wir stehen einigermaßen pünktlich auf, um 8:30 Uhr stehe ich vor dem Zelt. Obwohl die Chaoten noch ein bisschen gelärmt haben, bin ich schnell eingeschlafen und fühle mich jetzt ziemlich ausgeruht. Auch die Beine fühlen sich heute Morgen ganz brauchbar an. Vor dem Frühstück fahre ich noch in einen Supermarkt um Brot zu kaufen und Leergut abzugeben. Wieder mal ohne Gepäck und dadurch ziemlich wackelig. Nach einem ausgiebigen Frühstück brechen wir um kurz nach 10 auf. Es hat sich wirklich so eingependelt, dass ich 1 1/2 bis 2 Stunden brauche um endlich los zu kommen. Auf dem Weg nach Vojens halten wir noch bei einem Fahrradhänder und Michael kauf einen neuen Mantel, weil er doch einen ziemlichen Schnitt im Vorderreifen hat. Vermutlich wird er den Mantel aber bis nach Hause nur hinten drauf transportieren. Dank Rückenwind kommen wir zügig vorwärts. Es ist zwar bewölkt, ab und an guckt ein Stück blauen Himmels durch. Vor allem aber Regnet es nicht. Perfektes Radwetter also. Vorbei geht es an etlichen Hügelgräbern, die sogar auf den Weiden in Ruhe gelassen werden. Dabei denkt man Bauern würden vor nichts zurück schrecken um an mehr Land zu kommen. Die Strecke geht immer hoch und runter und obwohl Dänemark ziemlich flach ist ërklimmen”wir den einen oder anderen Höhenmeter. Der Radweg führt heute über mehr echte Straßen statt über Schotter- und Sandpisten. Wobei diese Pisten auch öffentliche Straßen sind und auch von Autos befahren werden. Alle paar Kilometer steht mal ein Haus und hat häufig seinen eigenen Ortsnamen. Nachbarn mit denen man sich streiten könnte gibt es hier wohl eher selten.

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Oft sind die Häuser flächenmäßig richtig groß, haben aber nur ein Erdgeschoss. Aber wenn man viel Platz zum bauen hat, warum nicht. Nach etwa 50km kommen wir in Vojens an und hier trennen sich unsere Wege. Michael fährt über Kolding, Fym und Fehmarn zurück nach Hamburg. Für mich geht es erst einmal weiter auf der Route 3. Die Landschaft ändert sich nicht großartig, allerdings werde ich häufiger wieder über diese Sandpisten geschickt. Trotzdem läuft es heute gut. Mittlerweile ist es wieder komplett zugezogen und von hinten nähert sich unaufhaltsam ein Gewitter. Natürlich erwischt es mich mit seinem halbstündigen Starkregen, den ich durchfahre, weil ich nichts zum unterstellen finde. Direkt nach dem Gewitter kommen immer wieder kleine Schauer durch und ich muss mir ständig die Regenjacke überstreifen. Nach weiteren 65 km auf der Route 3 verlasse auch ich diese und versuche über eine lokale Route und die Route 7 nach Solkeborg weiter Richtung Osten zu kommen. Ich hasse übrigens kläffende Dreckstöhlen!!! Silkeborg erreiche ich nach insgesamt 150 km und 9 Stunden und ich enschließe mich, dort einen Campingplatz anzufahren. Der Regen heute hat mir ordentlich zugesetzt und mich ziemlich ausgekühlt. Daher freue ich mich auf eine heiße Dusche, die im Endeffekt mit 4 Minuten arg kurz ausfällt. Aber mehr Geld in den Automaten zu schmeißen sehe ich nicht ein. Außerdem muss ich hier dasZelt nicht in kniehohem, nassen Gras aufbauen, was auch ganz angenehm ist. Ich bin es gerade auch ein bisschen Leid mit jeden Tag irgendwelche Zecken aus den Beinen pulen zu müssen. Hatte bis jetzt schon vier Stück. Gerade koche ich ein paar Nudeln mit Peste. Das wird Power für morgen geben. Was ich ja noch gar nicht erwähnt habe. Wegen des Regens, der Sandpiste, und einer riesigen Sandgrube in einer Baustelle sind Velo und Taschen nicht nur nass, sondern auch noch extrem verdreckt. Hoffentlich läßt sich das einfach abreiben, falls es mal irgendwann trocken wird. Momentan ist der Himmel jedenfalls wieder blau und vielleicht habe ich ja Glück. Draußen sitzen sie teilweise noch in kurzen Klamotten. Ich trage ja aus zwei Gründen lange Sachen. Erstens ist es mir saukalt. Zweitens wegen der Mücken. So wenig Angriffsfläche bieten wie möglich. Auch muss ich mal wieder feststellen, dass mir Camper suspekt sind. Es gibt die Gruppe der Reisenden und die Gruppe der Stationären. Beide sind lockere entspannte Menschen. Aber auf jedem Campingplatz findet man die Gruppe der Idioten, die meinen, den ganzen Platz beschallen zu müssen. Meist spielt dieser Schlag von Campen um die Wette Rülpsen und Furzen”.

08. Juli 2011 - Es regnet

Es ist bestimmt schon 12 Uhr und wir sitzen noch immer in den Zelten. Es regnet schon den ganzen Morgen, teils ziemlich heftig. Es nervt einfach nichts machen zu können und blöd in der Hütte sitzen zu müssen. Vor allem weil ich kein Buch dabei habe und meine Podcasts nicht jetzt schon alle aufbrauchen möchte. Ich liege also einfach so da und versuche nichts zu tun und nichts zu denken. Was natürlich nicht besonders gut funktioniert. Um 13:30 Uhr kommen wird dann doch noch los. Der Himmel ist heller geworden und wir beschließen es zu versuchen. Auch weil wir nicht noch einmal so viel für die Übernachtung zahlen wollen. Die ersten Kilometer fahren wir über einen lokalen Radweg und treffen dann wieder auf den Ochsenradweg,

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hier in Dänemark heißt er einfach nur Nr. 3. Im Laufe des Tages kommt sogar noch die Sonne raus und wärmt ein bisschen. Tut gut, auch wenn es nicht für das T-Shirt reicht. Obwohl der Weg als Reiseradweg makiert ist führt er die meiste Zeit über Schotter und sandige Pisten, die zeimlich kräfteraubend sind. Dass der Boden durchnass ist, macht das Fahren nicht gerade leichter. Zum Glück haben wir heute die meiste Zeit Rückenwind. Es geht immer wieder über kliene Hügel bzw. Wellen hoch und runter. Was zu einem gefühlt ziemlich trägen vorankommen führt. Zwischendurch ist Michaels Vorderreifen platt und wir sind zu einer Pause gezwungen. Das Loch ist aber schnell geflickt. Oft macht der Radweg kleine Schlenker um an den Sehenswürdigkeiten vorbei zu führen. Für Reisende, die einfach nur Kilometer machen wollen nicht unbedingt optimal. Kurz vor dem angepeilten Tagesziel Vojens erwischt uns noch ein Schauer und wir haben die Befürchtung, die Zelte wieder im Nassen aufschlagen zu müssen. Zu unserem Glück verzieht sich der Regen wieder und es wird noch ein schöner Abend. Auf dem Campingplatz treffen wir noch zwei Mädels die gerade den Nordseeradweg hoch gefahren und jetzt wieder auf dem Rückweg nach Flensburg sind. Für 2013 planen die beiden die Pan-America zu fahren. Sehr spannend wie ich finde. Auf der anderen Seite neben uns stehen noch ein paar Chaoten, die hier für ein Speedway-Rennen sind und streiten sich gerade über den ”Kindergeburtstag den wir seit 30 Jahren feiern. Da habe ich keinen Bock mehr auf diesen Kindergeburtstag”. Jaja, man wird älter, und der Alkohol tut sein übriges. Weil wir heute, wegen des späten Aufbruchs nur 63km geschafft haben, fahren wir morgen noch einen halben Tag zusammen. Hoffentlich wird das Wetter einiger Maßen und ich kann wieder Kilometer machen.

07. Juli 2011 - Radschaft

Gegen 8 Uhr werde ich wach und wie erwartet ist alles nass oder zumindes klamm. Für heute sind schon wieder Regen und Unwetter gemeldet. Doch insgesamt kann der Tag ja nur besser werden als gestern. Kaum aus dem Zelt überfallen mich schon wieder die Mücken. Auch nicht wirklich überraschend in dem nassen Wald. So schnell es geht packe ich meine sieben Sachen ein. Auch wenn alles nass ist. Es sieht ja eh nicht aus als wolle es besser werden. Außerdem hat es hier einfach keinen Sinn zu warten. Trocknen tut hier eh nichts. Die letzten Kilometer nach Rendsburg werden unter die Räder genommen. Nichts spektatuläres, große Straße ohne gesonderten Radweg. Zum Glück aber noch wenig Verkehr. Im Tunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal treffe ich Michael, der den Ochsenweg nach und durch Dänemark fahren möchte. Wir schließen eine Radschaft und fahren bis mindestens Flensburg zusammen. Zuerst machen wir in Rendsburg eine kleine Frühstückspause. Was mir ganz gelegen kommt, da ich die Mückenhölle ohne essen verlassen habe. Der Ochsenweg führt uns durch die schleswig-holsteinische Pampa und über jede menge Radwege, die mit dem Gepäck teilweise schwer zu befahren sind.

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Ich bin ziemlich froh über meine dicken Reifen. Michael hat mit deinen dünnen 28”Rädern noch mehr Probleme. Der Weg führt kreuz und quer und wir machen deutlich mehr Kilometer als nötig. Dafür müssen wir so gut wie keine größere Straße befahren und haben somit keinen Verkehr. Erstaunlicher Weise treffen wir keinen einzigen anderen Radler. Landschaftlich ist die Gegend auch wieder wunderschön, aber für mich nichts zum Leben. Gegend halt. Es tut ganz gut auch während des Fahrens mit jemandem Reden zu können. Nichts tiefsinnes, einfach nur blödes gequatsche. Trotzdem eine schöne Abwechslung. Flensburg passieren wir relativ zügig und beschließen auf der dänischen Seite die Zelte aufzuschlagen. Der erste Campingplatz den wir finden ist offensichtlich nicht für Zelte gedacht. Nur Schotterboden. Wir müssen also weiter suchen. Die folgenden Kilometer sind wieder krass. Tiefer Schotter und teils extrem steil, so dass ich bis in den ersten (!) gang runter muss. Den habe ich bisher noch nicht gebraucht. Nach 110km in 9 Stunden nehmen wir den nächsten Platz den wir finden, einen sauteuren 4-Sterne-Platz. Aber die Duschen und WCs sind der Hammer. Keine einfachen Kabinen sondern abschließbare riesige Bäder. Naja, wer es braucht. Michael und ich essen noch zusammen und beschließen morgen nocheinmal gemeinsam zu fahren. Danach haben wir verschiedene Ziele. Für mich geht es weiter in den Norden, Michael möchte östlich nach Fym.

06. Juli 2011 - Klick, klick, klick

Heute soll ein harter Tag werden. Allerdings Ahne ich davon beim Aufstehen und gemütlichem Frühstück noch nicht. Wieder mal muss ich mich verabschieden. Sandra fährt mein beladenes Rad kurz Probe und ist erstaunt, dass es sich so leicht fahren läßt. Dann drückt sie mir die Daumen für die Tour, und ich ihr für die anstehenden Prüfungen. Während ich einen sonnigen Radtag starte muss sie also wieder zurück an den Schreibtisch zum Lernen.

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Mit einer Träne im Auge mache ich mich auf den Weg in den Norden. Ja, immer weiter in den Norden. Für die nächsten Wochen. Ich sollte aufhören darüber zu schreiben. Ab jetzt kenne ich niemanden mehr, den ich überfallen und mir ein Bett sichern könnte. Heute ist der erste T-Shirt-Tag, gerade warm genug, aber nich zu warm. Ich durchquere schöne Stadtteile, die einen richtig dörflichen Charakter haben, trotzdem noch über die S-Bahn mit der Stadt verbunden sind. Die Beine bereiten mir heute keine Schwierigkeiten, im Gegenteil komme ich ziemlich schnell vorwärts. Es bestätigt sich mal wieder die Regel des verflixten fünfte Tages. Nach 40km habe ich Hamburg komplett hinter mir gelassen und ich setzte Kurs auf Rendsburg. Bis dort möchte ich heute eigentlich noch kommen. Seit die Innenstadt hinter mir liegt führt die Strecke über wenig befahrene kleine Strazen, über größere und kleinere Waldwege. Zwar ist es im Wald immer ein bisschen anstrengender zu fahren, aber der Körper spielt gzt mit. Ich passiere einen haufen kleiner Dörfer und viele, viele Bauernhöfe. Seit Tagen fahre ich an einem Maisfeld nach dem anderen vorbei. Der Mais word zur Biogasproduktion angebaut. Während einer kurzen Pause höre ich es hinter mir schon grummeln und hoffe dem Gewitter engehen zu können. Wie erwartet währt die Hoffnung nicht lange. 10 Minuten später Stehe ich in Regenjacke in einem kräftigen Unwetter. Weil der Regen nicht schwächer wird und der Hillem nicht aufhellt, fahre ich einfach durch den Regen weiter. Bestimmt zwei Stunden regnet es ununterbrochen und ich bin pitschnass. Von außen un von innen. Bin nur froh, dass es wenigstens nicht so kalt ist. Als es endlich aufklährt und trocken wird habe ich noch 30km bis Rendsburg. Klick, klick, klick ... ich habe mir irgendetwas in den Reifen gefahren und das auch noch an einer so schnell befahrenen Straße. Hier möchte man eigentlich nicht auf dem Seitenstreifen stehen und den Reifen flicken. Sofort fährt sich das Fahrrad schwammig und zwingt mich sofort anzuhalten. Ich kann die ausströhmende Luft am Hinterrad zischen hören und es dauert keine Minute bis der Reifen komplett leer ist. Wenigstens regnet es nun nicht mehr, wenn auch alles herum nass ist.

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Ich flicke den Schlauch und setze soweit wieder alles zusammen. Nur noch die Mutter anziehen und weiter gehts. Ich schaue mich um... prima, der Schlüßel von meinem Pitlock ist weg und ich habe keine Chance das Rad fest zu bekommen. Es halten noch ein paar Radler an und bieten mir ihre Hilfe an, aber machen kann man natürlich nichts. Da es langsam dunkel wird und die Radläden eh schon alle zu sind, entscheide ich mich dazu das Problem erst einmal auf morgen zu verschieben und mir dann im Radladen Schnellspanner zu kaufen. Ich gehe ein paar Meter in den nassen Wald und baue das Zelt auf. Hier wimmelt es natürlich vor Mücken. Dann bricht auch noch meine Zeltstange. So Was wohl noch alles schief gehen möchte? So langsam werde ich auf jeden fall gestreßt und denke über einen Abbruch der ganzen Aktion nach. Mit Tape und Kabelbindern kann ich die Stange flicken. Mal sehen wie lange das halten wird. Das Zelt steht und ich räume Schlafsack, Luftmatratze, etc. ein und koche mir erst einmal ein paar Nudeln. Zwischendurch durchsuche ich noch einmal alle Taschen nach dem Pitlockschlüssel. Ohne erfolg. Mit dem Essen in der Hand gehe ich noch einmal zur ”Flickstelle”, finde den Schlüßel natürlich auf anhieb auch nicht. Die einzige Möglichkeit ist jetzt noch, dass ich den Schlüssel in den wiechen, moosigen Boden getreten habe. Ich beginne damit die Stellt umzugraben und das Moos Schicht für Schicht zu entfernen. Als ich fast alles umgegraben und die Hoffnung schon fast aufgegeben habe, sehe ich etwas glizerndes im Moos. Und tatsächlich finde ich den Schlüssel. Überglücklich schraube ich das Rad fest und stelle die Bremse ein. Also doch noch alle heutigen Probleme gelöst. Auch wenn mich die ganze Aktion drei Stunden gekostet hat. Jetzt bin ich ziemlich zerstocken, meine Hände sind mit Rissen übersäht, total müde, aber glücklich. Ich habe heute 107km in ca. 7 Stunden geschafft.

05. Juli 2011 - Hamburg

Das war wirklich ein sehr schöner Abend und Morgen mit Reinhold und Karin. Zum Abschied werden noch ein paar Fotos gemacht, von mir und dem beladenen Drahtesel. Ich weiß nicht wie viele Jahre es wohl her ist, dass ich das letzte mal hier war. Muss sehr lange her sein, mit kommt alles ein wenig kleiner vor als in meiner Erinnerung. Die beiden kommen noch mit zur Straße und winken mir hinterher. Heute nehme ich die die Strecke nach Hamburg unter die Räder. So richtig gut komme ich noch nicht in trab, was sich hoffentlich im Laufe des Tages noch bessert. Es ist wie bei bisher jeder längeren Tour. Der fünfte Tag ist immer härter als die vorherigen. In der Lüneburger Heide ist schon viel mehr los als an den Tagen zuvor.

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Obwohl es hier nach wie vor ziemlich ländlich ist, sind überall Menschen unterwegs und der Verkehr hat spürbar zugenommen. Was allerdings nicht weiter schlimm ist, da ich fast durchgehend den Radweg nehmen kann. Mittlerweile bin ich auch wieder gut im tritt und es läuft ganz einfach. Kopf abgeschaltet und einfach nur treten. So läuft es bis kurz vor Hamburg. Nach Harburg hinunter wird es wieder ziemlich schwierig. Kartenmaterial für Hamburg habe ich nicht in meinem GPS. Wusste bis gestern auch noch gar nicht, dass ich dorthin fahre. Gestern Abend habe ich mich noch kurz bei Sandra angemeldet, die ich also heute noch besuchen fahre. Nach der Beschilderung auf Radwegen zu fahren ist so ähnlich wie Beten und zu hoffen den richtigen weg zu treffen. Es stellt sich immer noch als großes Problem da, dass die Beschilderung für mich nicht weit genug zeigt. Trotzdem schaffe ich es bis zum alten Elbtunnel. Komisches gefühl mit dem Rad hier durch zu fahren. Von den Landungsbrücken aus finde ich den Weg zu Sandra spielend. War ja erst vor relativ Kurzem hier zu Besuch. Der Abend ist wieder richtig schön und es vor allem warm geworden. Wir fahren noch zur Alster und trinken in der Sonne ein Bier. Der weg zur Alster war wieder einmal spannend. Es ist eine ganz schöne Umstellung das Velo ohne gepäck zu steuern. Ohne das Gewicht am Vorderrad ziehe ich viel zu stark am Lenker, schaffe es aber gerade so, mich nicht auf die Nase zu legen. Nach dem verdienten Feierabendbier gehen wir um eins, für mich also relativ spät, ins Bett. Aber hey, zweiter Tag mit Bett und nicht auf der Luftmatratze.

04. Juli 2011 - Visselhövede

Auf dem Campingplatz gibt es leider kein Frühstück. Und da ich keine Reserven mehr habe, fahre ich mit knurrendem Magen los. Ich hoffe natürlich im 5km entfernten Ort einen Bäcker zu finden. Aber Pustekuchen, erst im 3. Ort finde ich einen Supermarkt, oder besser gesagt einen Tante Emma Laden. Wie ich schon schrieb ist alles ziemlich ausgestorben hier. Ich fahre also mutterseelenalleine durch die norddeutsche Tiefebene. Menschen begegne ich so gut wie gar nicht. Ab und an ein Auto, Verkehr kann man das wirklich nicht nennen. Vielleicht liegt das am 1. Sommer nach der deutschen EHEC Katastrophe. Die Dörfer sind so gut wie ausgestorben. Lange können die Menschen jedoch noch nicht weg sein, Häuser und Gärten sind noch gepflegt. Die Überlebenden der Kriese scheinen sich größten Teils in Ballungszentren verschanzt zu haben. Zurückgeblieben sind hauptsächlich die Alten. Jetzt aber wieder ernsthaft weiter. Schon als ich losgefahren bin hat es angefangen ein bisschen zu regnen. Wieder alles grau und eintönig, und natürlich windig. Ich nehme heute den Weser-Radweg um höher in den Norden zu kommen. Auch hier ist fast nichts los und ich habe den Radweg fast für mich alleine. Ab und an kommen mir Radler auf Tagestouren entgegen. Zumindest haben sie kein Gepäck dabei. Gerade als ich spekuliere ob die Zeit der Radreisenden vorbei ist begegnen mir 2-5 leutige Gruppen. Ein ebenfalls alleine Reisender überholt mich. Er scheint nicht so lange unterwegs sein zu wollen wie ich. Zumindest hat er viel weniger Gepäck.

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Ich verlasse den Weser Radweg und fahre nach Verden. Dort kaufe ich für den Abend und das folgende Frühstück ein, noch nicht ganz wissen wo ich gerade wirklich bin. Eigentlich möchte ich nur noch aus Verden raus in grober Richtung Hamburg und mir einen Platz zum Zelten suchen. Doch kurz nach der Ortsausfahrt sehe ich ein Schild 26km bis Visselhövede. Kurzerhand rufe ich meinen Opa an und erkundige mich nach der Televonnummer von Reinhold und Karin. Ich möchte ja nicht ganz unangekündigt bei den beiden einfallen. Die beiden freuen sich über meinen besuch und ich habe für eine Nacht ein echtes Dach über dem Kopf. Wir haben noch einen richtig schönen Abend und ich werde noch zum Essen eingeladen. Weil es morgen weitergehen soll, gehe ich nicht ganz so spät ins Bett. Bin heute 136km in ca. 10 Stunden gefahren.

03. Juli 2011 - Erste Bergetappen

Nach einer trockenen Nacht stehe ich wieder erst um kurz nach 9 auf. Leider schon wieder so spät, aber ich habe einfach keine Lust mir einen Wecker zu stellen. Wenn ich den Schlaf brauche, dann brauche ich ihn eben. Nach Lüften des Schlafsackes, Frühstück und Packen bin ich um 11:20 Uhr fertig zum losfahren. Wie sich herausstellt stehe ich an einer beliebten Spazierstrecke und der eine oder andere Plausch verzögert mein Loskommen. Die Leute sind einfach neugierig woher ich komme, wie lange ich schon unterwegs bin und vor allem wohin ich noch möchte. Mit dem Fernziel Nordkap erntet man doch einige komische Blicke. Viele finden es gut, dass ich die Tour einfach mache. Weiter geht es durch das schöne Münsterland, vorbei an einigen Orten und etlichen allein stehenden Bauernhöfen. Häufig werden die Radwege von großen Straßen fern gehalten und falls nicht gibt es wenigstens einen großen Seitenstreifen. Das Fahren macht hier richtig Spaß.

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Ja, richtig gelesen. Bin jetzt den 3. Tag unterwegs und habe trotzdem noch Spaß an der Sache. Vermutlich überwiegt immer noch die Euphorie diesen Schritt gemacht zu haben. Die meiste Zeit kommt der Wind von der Seite oder leicht von hinten. Dadurch geht der Tag viel zütiger los als an den letzten beiden. Die meiste Zeit geht es zwischen Feldern hindurch. In den Ausläufern des Teutoburger Waldes stehen ein paar kleine ”Bergetappenän, die zwar anstrengend, wegen der kühlen Temperaturen aber absolut machbar sind. Auch das Osnabrücker Land ist herrlich anzuschauen. Nach wie vor gibt es viele kleine, und auch größere, Bauernhöfe und viele kleine Orte. Alles sehr schön, aber dauerhaft leben möchte ich hier nicht. Zu viel Pampa. Auch wenn es nur 30km bis Osnabrück sind, ein Auto bräuchte man hier draußen alle Male. Außerdem ist so gut wie alles total ausgestorben. Nagut, heute ist Sonntag und das Wetter für Sommer nun wirklich nicht perfekt, aber so gar niemand auf den Straßen? Mir soll es recht sein so. Wenig Verkehr und ich komme gut voran. Irgendwann entscheide ich mich dazu, genug für heute gefahren zu haben. Schließlich habe ich wieder 118km in ca. 8 Stunden geschafft. Als ich nach einem Zeltplatz ausschau halte finde ich einen echten Campingplatz und freue mich auf warmes Wasser aus der Wand.

02. Juli 2011 - Durch Pott und Münsterland

Bin gut durch die Nach und von der Luftmatatze gekommen. Allerdings nicht ohne zwischendurch wach zu werden und vor dem aufstehen noch eine halbe Stunde vor mich hin zu dösen. Um kurz nach 9 bin ich endlich soweit aufzustehen und zu frühstücken. Das Wetter ist wie gestern... und ich dachte ich mache Sommerurlaub. Bewölkt und kliene Schauer, so dass ich nicht mal das Zelt und den Schlafsack vernünftig trocknen lassen kann. Statt dessen packe ich alles so klamm wie es ist zusammen. Hoffen auf Sonne um alles trocken zu bekommen. Eigendlich schon wieder viel zu spät, komme ich nach dem Frühstück und dem Packen um 10:45 Uhr los. Es geht vorbei an mehreren kleinen Seen, Ruderstrecken auf denen gerade trainiert wird und dem Stadion des MSV. Ab jetzt geht es nur noch durch den Pott.

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Permanentes Halten an Ampeln und Straßenübergängen. Sowas macht ja schon ohne Gepäck keinen Spaß, mit noch viel weniger. Die entsprechenden Radwege zu finden ist wieder etwas schwierig, weil die Beschilderung natürlich nicht so ”weit”voraus zeigt wie ich eigentlich plane. Bin wirklich froh das GPS dabei zu haben. Komme durch alle möglichen Gegenden, in denen ich wirklich nicht leben wollen würde. Raus aus dem Pott in Richtung Münster wird das Fahren wieder schöner. Endlich wieder längere Strecken ohne anzuhalten. Den ganzen Tag habe ich etwas Gegenwind. Dieser dreht zum Glück ca. 40km vor Münster auf Rückenwind und ich komme deutlich zügiger vorwärts. Anders als erwartet hängt mir der Vortag gar nicht so extrem in den Knochen und Muskeln. Braver Körper. Das Münsterland und ganz besonders Münster selbst machen die Pottgegen wett. Einfach eine wunderschöne Gegend, sogar die Einfahrt in die Stadt ist nicht so heruntergekommen wie anderswo. Noch immer finde ich die Vorstellung, die nächsten Wochen nichts anderes zu tun als Velo zu fahren ziemlich aufregend... und ein wenig befremdlich. Wie kann man nur auf eine solche Idee kommen? Aus Münster raus beginne ich die Augen nach einem schönen Platz zum zelten offen zu halten. Tatsächlich finde ich zwischen zwei Feldern eine schöne Stelle und baue mein Zelt auf. Nach dem Essen geht es recht schnell ins Zelt. Heute bin ich 117km in ungefähr 9 Stunden gefahren. Besonders toll finde ich, dass das Laden meiner AA-Akkus über den Narbendynamo und mit dem Busch und Müller E-Werk wunderbar.

01. Juli 2011 - Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt...

Um ehrlich zu sein. So richtig geplant habe ich das ganze hier nicht. Gut, meinen Job und meine Wohnung habe ich gekündigt. Außerdem steht das Fernziel fest. Nordkap habe ich einfach geantwortet als ich gefragt wurde wohin ich fahre... und ich weiß gar nicht mehr warum. Sicherlich habe ich mich noch mit dem nötigen Equipment eingedeckt. Alles weitere überlasse ich dem Zufall. Angefangen mit der Strecke. Warum ich das ganze mache? Auch das kann ich nicht beantworten. Ich bin müde von allem, möchte einfach unterwegs sein, die Welt, oder zumindest Teile von Europa sehen und Rad fahren. Das ganze mache ich ganz egoistisch einfach nur für mich.

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8 Uhr. Aufstehen, es geht endlich los. Werde sogar ohne Wecher wach, wie sonst auch so häufig wenn ich nicht wirklich ”muss”. Wobei ich heute Morgen schon 2 Stunden zumindest halbwach im Bett gelegen habe. Mein Hirn hat sich mal wieder mit Grübeln beschäftigt, wie eigentlich viel zu oft. Aber die letzten Tage waren infach ein bisschen anstrengend. Mal ganz von der körperlichen Arbeit beim Umzug abgesehen. Wenn man seine Kartons packt, wird man fast zwangsläufig wehmütig. Fast 3 Jahre schüttelt man halt nicht so leicht ab. Am aller schwersten ist mir der Abschied von Paulchen, Evve und Robi gefallen. Die Zeit mit den dreien werde ich richtig vermissen. Nun ja, all solche Gedanken gehen mir also im Kopf herum. Um dem ganzen auch was positives abzugewinnen komme ich relativ zeitig auf dem Velo und auf Tour.

Aus dem Bett gequält und aus dem Fenster geschaut, will ich am liebsten gleich wieder zurück in die Federn. Der Himmel ist wolkenverhangen und es regnet. Nicht die besten voraussetzungen zum Rad fahren also. Aber auf diesen Tag habe ich jetzt so lange gefiebert, dass mich das Wetter nicht abhalten kann. Außerdem werde ich wohl das eine oder andere Mal auf der Reise mit dem Wetter kämpfen müssen.

Zuerst fahre ich rüber nach Bonn um noch ein paar Kleinigkeiten mit dem ADAC zu klären. Man will ja schließlich wieder nach Hause gebracht werden falls etwas schlimmes passiert. Auf der Fähre fragt mich der Kassierer wohin ich den mit dem ganzen Krempel fahre. SZum Nordkapäntworte ich. Er ruft zu seinem Kollegen Rüber: ”Der fährt zum Nordkap, glaubste datt?”. Die beiden wünschen mir eine gute Reise. Beim ADAC muss ich erst einmal eine 3/4 Stunde warten. Ganz prima.

Nachdem ich endlich wieder draußen bin, fahre ich noch bei meinem Dad auf der Arbeit vorbei und wir essen zusammen zu Mittag. Danach geht es richtig los. Die linke Seite des Rheines in Richtung Köln ist wirklich schöner zu fahren als die rechte. Zwischendurch das eine oder andere Industriegebiet, aber sowas läßt sich ja nie vermeiden. Bis Köln läuft alles ganz gut. Weiter möchte ich nach Duisburg fahren. Ohne Karte wäre es hier schon schwierig, weil die Beschilderung der Radwege ziemlich zu wünschen übrig läßt. Die armen Menschen, die einfach gemütlich ein bisschen am Rhein längs fahren möchten. Zwischendurch gibt es einige Schauer, aber nichts für das sich ein Wechsel zu Regenklamotten lohnen würde. Der erste richtige Guß erwischt mich in Düsseldorf. Die Regenjacke finde ich sofort und bleibe wenigstens oben rum trocken. Die Hose hingegen scheint in den Tiefen der Packtaschen verschollen. Heute Abend muss ich dran denken sie zu suchen. Heute komme ich noch bis  10km vor Duisburg, wo ich mein Zelt in einem Wäldchen aufbaue. Aus der Ferne kann ich die Musik von einem Fest hören. Hoffentlich laufen die Nacht keine betrunkenen hier entlang. Der Tag war mit 115km und durch den Gegenwind ziemlich kräfteraubend. Ich habe mich die ganze Zeit gefühlt als würde ich bergauf fahren. Hoffentlich gewöhnt sich der Körper schnell an Belastung, möchte ja nicht schon in der ersten Woche schlapp machen. Wenigstens habe ich einen schönen Platz zum Campieren gefunden. Zwischendurch hatte ich so meine Bedenken, weil ich an so vielen schönen Stellen vorbei gekommen bin, nur leider viel zu früh. Und das Gesetzt für verpasste Schlafplätze lautet: Du findest nichts gescheites mehr. Langsam wird es dunkel und ich gehe ins Bett bzw. auf die Luftmatratze.